Fortpflanzungsmedizin

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Das revidierte Bundesgesetz über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung (FMedG) ermöglicht in der Schweiz die Untersuchung von Embryonen, die mittels In-vitro-Fertilisation gezeugt wurden. Die Durchführung von präimplantativen genetischen Testverfahren (PGT) ist mit praktischen und ethischen Fragen verbunden. 2020 hat die SAMW medizin-ethische Empfehlungen zur PGT veröffentlicht.

Die Sorge, eine schwere Krankheit an ein Kind zu vererben, ist für betroffene Paare sehr belastend. Das revidierte Fortpflanzungsmedizingesetz und die Ausführungsverordnung erlauben in der Schweiz seit 1. September 2017 präimplantative genetische Testverfahren (PGT) unter bestimmten Voraussetzungen. PGT ermöglichen die Untersuchung des Embryos vor der Übertragung in die Gebärmutter und die Wahl eines Embryos, der die Anlage für die Krankheit nicht in sich trägt. Allerdings dürfen PGT nur durchgeführt werden, wenn die gesetzlich festgelegten Indikationen erfüllt sind. Dazu gehört, dass die Erbkrankheit bestimmten Kriterien entspricht und ausreichend «schwer» ist.

 

Das Gesetz lässt zudem zu, im Rahmen von Kinderwunschbehandlungen PGT einzusetzen. Dabei geht es nicht darum, die Übertragung einer Erbkrankheit zu vermeiden, sondern um die Prüfung der im Labor gezeugten Embryonen auf verminderte oder fehlende Entwicklungsfähigkeit. Die Beratung der Paare und die Entscheidfindung, ob PGT im Einzelfall durchgeführt werden kann, darf und soll, berührt ethisch heikle Fragen und erfordert Abwägungen.

 

Beide Bereiche werden in den SAMW-Empfehlungen behandelt: Die PGT-Indikationsstellung für Paare mit Erbkrankheiten einerseits und das Screening der Embryonen im Rahmen von Kinderwunschbehandlungen andererseits. Weitere zentrale Punkte betreffen den Umgang mit Überschussinformationen wie das Geschlecht des Embryos oder gesundheitsrelevante Auffälligkeiten, die nicht den gesetzlich geforderten PGT-Indikationskriterien entsprechen.

 

Die Empfehlungen behandeln aus ethischer Sicht wichtige Aspekte für die Beratungs- und Entscheidungssituationen mit dem Ziel, zu einer einheitlichen Good Clinical Practice in allen Schweizer Kinderwunschzentren beizutragen. Die Fachgesellschaften für Reproduktionsmedizin (SGRM), für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) und für Medizinische Genetik (SGMG) unterstützen die SAMW-Empfehlungen.

 

Im Juni 2022 veröffentlichte die Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK) Richtlinien, die den juristischen Rahmen der Präimplantationsdiagnostik ausleuchten. Die NEK verweist teilweise auf die Empfehlungen der SAMW, während sie in manchen Punkten zu anderen Schlussfolgerungen gelangt, insbesondere was den Umgang mit Überschussinformationen betrifft. Die SAMW ihrerseits bleibt bei den medizin-ethischen Empfehlungen von 2020: Es liegen keine neuen Erkenntnisse vor, die zu einem anderen Ausgang der ethischen Güterabwägungen führen würden.

 

Die Empfehlungen sind deutsch, französisch, italienisch und englisch veröffentlicht und können kostenlos gedruckt (d/f) bestellt werden: order@samw.ch 

 

 

 

 

KONTAKT

lic. theol., Dipl.-Biol. Sibylle Ackermann
Leiterin Ressort Ethik
Tel. +41 31 306 92 73