In me­mo­ri­am

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Wer­ner Stauf­fa­cher

7. Juli 1931 – 15. Au­gust 2023

 

Eine gros­se Per­sön­lich­keit, die die Aka­de­mie mit na­tür­li­cher Au­to­ri­tät und Un­be­stech­lich­keit, mit stra­te­gi­scher Weit­sicht und einem nüch­ter­nen, aber sehr wert­schät­zen­den, herz­li­chen Um­gang ent­schei­dend ge­prägt und wei­ter­ge­bracht hat, ist von uns ge­gan­gen.

 

Wenn Wer­ner Stauf­fa­cher mit einem Ad­jek­tiv be­schrie­ben wer­den müss­te, dann wäre dies wohl «in­te­ger». Diese Ei­gen­schaft hat seine Per­sön­lich­keit, aber auch sein Wir­ken und Han­deln aus­ge­zeich­net. Mit sei­ner ru­hi­gen, be­son­ne­nen und den­noch un­er­bitt­lich kla­ren Art hat er die Kern­ge­bie­te der SAMW, näm­lich die wis­sen­schaft­li­che For­schung und die Me­di­zi­n­ethik, mit Kon­se­quenz, En­ga­ge­ment und Über­zeu­gungs­kraft ver­tre­ten und stra­te­gisch we­sent­lich wei­ter­ent­wi­ckelt. Er war eine gros­se Füh­rungs­per­sön­lich­keit, die immer den Blick für das We­sent­li­che be­hielt und de­le­gie­ren konn­te.  

 

Drei Ge­bie­te lagen ihm be­son­ders am Her­zen:

 

Die An­er­ken­nung der Pfle­ge als in­te­gra­ler und es­sen­zi­el­ler Teil der Me­di­zin. Wer­ner Stauf­fa­cher be­wirk­te, dass wäh­rend sei­ner Amts­zeit die erste Ver­tre­tung der Pfle­ge, Frau Prof. An­ne­ma­rie Kes­sel­ring, in den Vor­stand be­ru­fen wurde. Dies war ei­ner­seits ein längst fäl­li­ges Zei­chen der An­er­ken­nung der Pio­nier­ar­beit von An­ne­ma­rie Kes­sel­ring, die die erste Pfle­ge­pro­fes­sur in der Schweiz er­hielt. An­de­rer­seits war es eine An­er­ken­nung des wich­ti­gen Bei­tra­ges der Pfle­ge für eine gute Pa­ti­en­ten­be­hand­lung. Die­ser Schritt hatte eine Si­gnal­wir­kung für alle Pfle­gen­den, dass die SAMW die Zei­chen der Zeit er­kannt und die Pfle­ge als wich­ti­ger und kom­ple­men­tä­rer Part­ner der Ärz­te­schaft auf­ge­nom­men hat.

 

Die För­de­rung von ta­len­tier­ten und an For­schung in­ter­es­sier­ten jun­gen Ärz­tin­nen und Ärz­ten. Wer­ner Stauf­fa­cher en­ga­gier­te sich über seine Zeit bei der SAMW hin­aus als Prä­si­dent der Stif­tung für biologisch-​medizinische Sti­pen­di­en und als Mit­glied der Ex­per­ten­kom­mis­si­on des MD-​PhD-Programms dafür, dass in­ter­es­sier­te junge Ärz­tin­nen und Ärzte op­ti­ma­le Chan­cen und Be­din­gun­gen er­hiel­ten, sich in kli­ni­scher For­schung zu en­ga­gie­ren und wei­ter­zu­bil­den. Die Ver­an­ke­rung von «pro­tec­ted time» als Teil der of­fi­zi­el­len Ar­beits­zeit für die For­schung war ihm ein gros­ses An­lie­gen, auch wenn sich zeig­te, dass sich die Um­set­zung im kli­ni­schen All­tag bis heute als schwie­rig er­wies.

 

Das Pro­jekt «Zu­kunft der Me­di­zin». Die­ses be­reits von Prof. Ewald Wei­bel und Prof. Jo­han­nes Bir­cher an­ge­stos­se­ne Pro­jekt, das im Sinne eines «Think Tanks» ak­tu­el­le Trends in der Me­di­zin kri­tisch hin­ter­frag­te, lag ihm be­son­ders am Her­zen. Er er­kann­te, dass die zu­neh­men­de Frag­men­tie­rung, Spe­zia­li­sie­rung und Tech­no­lo­gi­sie­rung in der Me­di­zin den Pa­ti­en­ten als Ein­heit von Kör­per und Seele aus dem Fokus ver­lor und damit wich­ti­ge mensch­li­che Aspek­te zu ent­glei­ten schie­nen und die Aka­de­mie die rich­ti­ge In­sti­tu­ti­on war, um sol­che The­men auf­zu­neh­men.

 

Unter Wer­ner Stauf­fa­chers Ägide ent­stan­den die medizinisch-​ethischen Richt­li­ni­en «Zu­sam­men­ar­beit Ärz­te­schaft–In­dus­trie», die 2002 ver­öf­fent­lich wur­den. Darin wur­den erst­mals mög­li­che In­ter­es­sen­kon­flik­te und Ab­hän­gig­kei­ten the­ma­ti­siert und klar ge­re­gelt. Als ehe­ma­li­ger Ver­wal­tungs­rat eines gros­sen phar­ma­zeu­ti­schen Un­ter­neh­mens und ehe­ma­li­ger Chef­arzt wuss­te Wer­ner Stauf­fa­cher aus ers­ter Hand von die­ser wich­ti­gen, aber heik­len Zu­sam­men­ar­beit und hat mit der Ver­öf­fent­li­chung die­ser Richt­li­ni­en Pio­nier­ar­beit ge­leis­tet. Es sei an die­ser Stel­le er­wähnt, dass Wer­ner Stauf­fa­cher mit An­tritt des Prä­si­di­ums der SAMW sein pres­ti­ge­träch­ti­ges und lu­kra­ti­ves VR-​Mandat ohne Auf­he­ben nie­der­leg­te, weil ihm be­wusst war, dass er sich und damit auch die SAMW an­dern­falls an­greif­bar ma­chen könn­te.

 

Wer­ner Stauf­fa­cher war be­kannt für seine le­gen­dä­re Pünkt­lich­keit und sei­nen Prag­ma­tis­mus im pro­fes­sio­nel­len All­tag. Er war je­doch ein Vor­ge­setz­ter und Kol­le­ge, der das Zwi­schen­mensch­li­che pfleg­te, sich für die Men­schen in sei­nem Um­feld in­ter­es­sier­te, sich küm­mer­te und jedem, der ihn traf, mit dem­sel­ben Re­spekt und In­ter­es­se be­geg­ne­te. Nie ver­gass er, nach einem Be­such in Wien, der Hei­mat­stadt sei­ner Frau Eva, eine Sa­cher­tor­te oder Punsch­ku­geln in die Ge­schäfts­stel­le mit­zu­brin­gen. Und immer of­fe­rier­te er allen Bas­lern nach einer Sit­zung in Bern eine Rück­fahrt­mög­lich­keit in sei­nem roten Mer­ce­des. Das waren Ge­le­gen­hei­ten, Wer­ner Stauf­fa­cher als Pri­vat­per­son, als Fa­mi­li­en­mensch von sei­ner hei­te­ren Seite ken­nen zu ler­nen. Seine Ana­ly­sen über Men­schen oder Er­eig­nis­se waren immer mes­ser­scharf, je­doch immer fair und nie ver­let­zend.

 

Die SAMW er­in­nert sich mit Dank­bar­keit an einen Prä­si­den­ten, der die Ge­schi­cke der Aka­de­mie mit gros­sem Sach­ver­stand, Weit­sicht und viel Herz­blut lei­te­te und der das Renommée der In­sti­tu­ti­on so­wohl in Fach­krei­sen als auch in der öf­fent­li­chen Wahr­neh­mung deut­lich stei­gern konn­te.

 

Seine Weg­be­glei­ter hat­ten das Pri­vi­leg, mit einer be­ein­dru­cken­den Per­sön­lich­keit mit be­mer­kens­wer­ten pro­fes­sio­nel­len und mensch­li­chen Qua­li­tä­ten zu­sam­men­ar­bei­ten zu dür­fen.

 

Danke, Wer­ner!

 

Dr. Mar­grit Leuthold, Ge­ne­ral­se­kre­tä­rin 1998 – 2006

 

 

 

 

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